Podiumsdiskussion in Simmern zum Thema „Zeitenwende – Was bedeutet das für unsere Region und die Unternehmen vor Ort?“

Auf Einladung von Bündnis 90/Die Grünen Rhein-Hunsrück im Simmerner Schloss eine Podiumsdiskussion zur Zeitenwende und den Auswirkungen auf unsere Region und die lokalen Unternehmen statt. Die beiden Kreisvorsitzenden Daniela Lukas-von Nievenheim und Dominik Loch erklärten eingangs, dass seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht nur in Deutschland vermehrt über sicherheitspolitische Fragen diskutiert werde. Fragen, wie „Wie schützen wir unser Land vor Krieg und Gewalt? Wie gewähren wir eine Sicherheit der Lieferketten und kritischer Infrastruktur? Wie stärken wir unsere Energiesouveränität?“.

Rund 60 Interessierte konnten so hautnah Christine Federhenn (Vorsitzende der Unternehmerfrauen im Handwerk Rhein-Hunsrück), Frank Konrad (Co-CEO der Hahn Automation Group Rheinböllen), Volker Boch (Landrat des Rhein-Hunsrück Kreises) und Dr. Tobias Lindner (Staatsminister im Auswärtigen Amt) in einer engagierten Diskussion erleben, die von Julian Joswig (Kreisvorstand Bündnis 90/Die Grünen) moderiert wurde.

Nicht nur der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine mit daraus resultierenden Engpässen und Kostensteigerungen auf dem Energiemarkt, sondern auch die Neuausrichtung der Strategie mit China, der angespannte Halbleitermarkt, der akute Fachkräftemangel, die Probleme bei Digitalisierung und Breitbandausbau haben konkrete Auswirkungen auf unsere Region und wurden lebhaft diskutiert.

So wies Frank Konrad auf die massiven Änderungen in den Geschäftsbeziehungen mit China seit der COVID-Krise hin, die es internationalen Unternehmen nahezu unmöglich machen, neu auf dem chinesischen Markt unternehmerisch Fuß zu fassen. Auch im Hinblick auf die massiven staatlichen Förderungen der USA für den heimischen Markt sei eine zeitnahe entsprechende Antwort Europas mit einer fokussierten Industriepolitik notwendig. „Wandel ist Schnelligkeit!“ Staatsminister Dr. Lindner betonte, dass es trotz aller Herausforderungen mit China dringend erforderlich bleibt, die politischen Gespräche mit China aufrecht zu erhalten. „Wir brauchen China weiterhin als Partner. Ohne China sind die Möglichkeiten sehr begrenzt, beispielsweise Nord-Korea von seiner nuklearen Aufrüstung abzubringen. Auch im Bereich Klimaschutz ist die Volksrepublik ein unabdingbarer Partner, um die gemeinsamen globalen Ziele zu erreichen.“

Landrat Boch bezog Stellung zu der erforderlichen Entbürokratisierung, im Allgemeinen aber auch konkret bei der Einwanderung von dringend benötigten Fachkräften. Teilweise wären Botschaften selbst für die Kreisverwaltung nicht erreichbar und so zögen sich viele Verfahren unnötig in die Länge. Hier bot Staatsminister Dr. Lindner konkret seine Unterstützung an und wies darüber hinaus auch auf das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz hin, das noch dieses Jahr in Kraft treten werde und die administrativen Prozesse vereinfachen und beschleunigen soll. Auch die Digitalisierung in Form von Software-Schnittstellen der kommunalen Ausländerbehörden mit den Botschaften des Auswärtigen Amtes nannte Lindner als wichtigen Baustein, um die Kommunikation zu beschleunigen und die Verfahren zu verkürzen. Des Weiteren forderte Volker Boch eine Stärkung der Strukturpolitik für den ländlichen Raum. Hier gebe es eine hochmotivierte Bevölkerung, die sich in Ehrenamt und Kommunalpolitik engagiert und dies dürfe nicht wegen der Fokussierung auf die städtische Entwicklung gefährdet werden.

Dass Digitalisierung nicht nur Großkonzerne und internationale Unternehmen betrifft, konnte Christine Federhenn praxisnah veranschaulichen. In Ihrer Schreinerei mit weniger als zehn Mitarbeitern ist dies schon seit langem geübte Praxis. So werden die Daten aus Planung und Konstruktion direkt an die Produktionsanlagen weitergeleitet. Daneben sorgte sich Frau Federhenn um den Nachwuchs für kleinere Handwerksbetriebe. Großunternehmen erschienen jungen Azubis oftmals attraktiver.

Auch das Publikum beteiligte sich aktiv an der Diskussion. Angesprochen auf mögliche Friedensverhandlungen und eine Infragestellung von militärischer Unterstützung antwortete Dr. Lindner in deutlichen Worten: „Es macht uns wirklich keinen Spaß, Waffen zu liefern. Trotzdem ist es richtig und wichtig und wir liefern täglich Waffen und Munition. Vergessen wird aber oft, dass die humanitäre und zivile Unterstützung mehr als doppelt so hoch ist wie die militärische Hilfe.“

Nach 90 Minuten spannender Diskussion nutzten viele Gäste die Möglichkeit, um bei einem Getränk und Imbiss das direkte Gespräch mit den Podiumsgästen zu suchen. So ging die Diskussion im Simmerner Schloss über die Zeitenwende noch bis in die späten Abendstunden.